Online-Veranstaltung zum Thema Konsum und nachhaltige Mode

 

                                                                                                                                                               

und weitere Initiativen laden zu einer Online-Vortragsveranstaltung mit Diskussion ein:

 

Carl Tillessen: Konsum – Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen

und

Juliane Kahl: Von Fast Fashion zu Fair Fashion in München

Donnerstag, 05.05.2022, 19:00 Uhr

 

Mit der Globalisierung der Textilindustrie wurden nicht nur prekäre Arbeitsplätze, sondern auch gewaltige Umweltprobleme externalisiert. Selbst so gewaltige Katastrophen wie der Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza in Bangladesch mit 1135 Toten und fast 2500 Schwerverletzten führten nicht zu einer Trendumkehr.

Gleichzeitig tragen die unzähligen Siegel eher zur Verwirrung als zur Orientierung bei. Ein typisches Beispiel dafür ist das von der letzten Bundesregierung eingeführte Siegel „Der grüne Knopf“. Dieses Siegel garantiert gerade nicht, dass den Näherinnen existenzsichernde Löhne bezahlt werden, und es garantiert ebenso wenig, dass z.B. die Baumwolle umweltschonend produziert wird. Man könnte auch vermuten, dass sich hinter den Siegeln eine neue Verkaufsmasche als Geschäftsmodell für angeblich nachhaltig produzierte Kleidung verbirgt.

Im Durchschnitt kauft in Deutschland jede Person 60 Kleidungsstücke pro Jahr. Und in der Pandemie ist das nicht weniger geworden. Im Gegenteil! Der Online-Handel boomt. Durch Influencer angetrieben wurde der Hyperkonsum noch verstärkt. Und durch die mit dem Online-Handel verbundenen Retouren landen rund 21 Millionen Textilien pro Jahr oftmals noch originalverpackt im Abfall. Kleidung hat sich zu einem typischen Wegwerfprodukt entwickelt.

Tatsächlich ist dieser Konsumrausch für über die Hälfte unserer globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Aber wenn die Teile im Ausland produziert werden, müssen sie nicht unseren Emissionen angerechnet werden. So werden zum Beispiel auch die durch Konsum verursachten CO2-Emissionen nicht bei der Klimaneutralitätsstrategie der LH München berücksichtigt.

Würden alle Menschen auf der Welt so konsumieren wie wir in Deutschland, bräuchten wir drei Erden, um den Ressourcenbedarf zu decken.

Wie ist es zu diesem Konsumrausch gekommen? Warum hat sich der Kleiderkonsum seit 1980 versechsfacht? Macht uns dieser Konsum wirklich glücklich? Warum kaufen wir Dinge, die wir eigentlich nicht brauchen? Und warum liegt der Marktanteil von nachhaltig produzierter Kleidung unter einem Promille? Fakt ist, mit einem erhobenen Zeigefinger von Umweltschützern werden wir diesem kollektiven Suchtproblem nicht beikommen.

Der Trendforscher Carl Tillessen hat sich eingehend mit dieser Thematik befasst und in seinem Buch „Konsum – Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen“ ausführlich beschrieben, was seitens der Politik aber auch jedes Einzelnen getan werden müsste und getan werden kann, um aus diesem Konsum-Rausch herauszukommen.

 

Im Anschluss an den Vortrag und die Diskussion mit Carl Tillessen wird Juliane Kahl aufzeigen, welche Möglichkeiten wir in München bereits haben, um zu einem nachhaltigen Umgang mit Textilien zu kommen.

 

Interessenten können sich hier anmelden:

 

Die Referenten:

Carl Tillessen                                                             

            
© Martin Mai                                                             

Carl Tillessen ist studierter Betriebswirt und Kunsthistoriker und war von 1997 bis 2014 Kreativdirektor und Geschäftsführer seines eigenen Modelabels mit weltweitem Vertrieb, eigenen Läden, Onlineshop und Kosmetiklinie. Heute arbeitet Tillessen als Trendanalyst für das Deutsche Mode-Institut und ist zudem Unternehmensberater und Buch-Autor.

               
Juliane Kahl

Juliane Kahl ist Designerin, Dozentin und Forscherin mit Fokus auf nachhaltige Mode. Die ehemalige Stylistin will nachhaltige, innovative und zukunftsorientierte Mode fördern. Sie setzt sich für eine nachhaltige Textilindustrie ein und weiß, wie man seinen Kleiderschrank mit einfachen Mitteln fairer für Mensch und Umwelt machen kann.
2019 gründete Juliane Kahl das Responsive Fashion Institute in München. Das Unternehmen berät Modemarken und Entscheidungsträger*innen zu Innovationen und Nachhaltigkeit. Außerdem organisiert Juliane Kahl Konferenzen und Workshops zu Anwendungen von KI und Blockchain-Technologien im Modebereich. Im Jahr 2016 initiierte sie den ersten Fashion-Hackathon in Ostafrika in Addis Abeba, der mit dem London College of Fashion "Better Lives Award" ausgezeichnet wurde.

 

Rückblick auf die Veranstaltung:

Vor rund 30 Teilnehmer*innen rezitierte der Referent, Carl Tillessen, wichtige Passagen aus seinem Buch mit dem gleichnamigen Titel. Dabei ging er u.a. auf die Auswirkungen der Globalisierung der Textilindustrie ein, die in den Herstellerländern zu einer modernen Sklaverei geführt hat. Und er zeigte auf, wie der Erfolg dieser Industrie auf Manipulation der Konsumenten und Ausbeutung der überwiegend weiblichen Arbeitskräfte systematisch aufgebaut worden ist. Daraus ist bei uns ein Hyperkonsum entstanden mit gravierenden Folgen für die Natur und den Menschen in den Produktionsländern.

Sehr interessant waren auch seine Ausführungen zur sog. psychologischen Obsoleszenz insbesondere bei IT-Geräten. Eigentlich sollten die Geräte möglichst lange halten. Aber das ist bei vielen Nutzern überhaupt nicht gewünscht. Fakt ist vielmehr, dass die Geräte nur so lange oder besser so kurz halten sollen, wie wir sie nutzen wollen. Danach können wir sie guten Gewissens wegwerfen und durch neue ersetzen.

Bedenkt man, dass Konsum für mehr als 50 % unserer CO2-Emissionen verantwortlich ist, wird klar, wie problematisch dieser Konsumrausch für das Weltklima ist. Deshalb sollte uns auch immer bewusst sein, dass die Dinge, die wir kaufen, zwei Preise haben – erstens den Preis, den wir in Euro bezahlen, und zweitens den Preis, den Menschen, Tiere und die Natur und die Umwelt dafür bezahlen, dass wir sie kaufen.

Beim zweiten Vortrag ging die Referentin, Juliane Kahl, ebenfalls zunächst auf die globalen Folgen unseres Textilkonsums ein. Danach führte sie aus, welche Möglichkeiten für Slow- und Fair-Fashion wir bereits in München haben.

Wer sich weiter informieren will, findet dazu hilfreiche Infos in:

BUY GOOD STUFF; FAIR FASHION GUID MÜNCHEN,
https://buygoodstuff.de/wp-content/uploads/2021/05/BGS-Muenchen-Online.pdf
und bei
München fair, www.muenchen-fair.de

Wer sich die Präsentation von Juliane Kahl noch einmal ansehen möchte, findet diese hier: